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Channel: ZEIT der Leser » Mein Wort-Schatz
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Darauf besinnen: Mein Wort-Schatz

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»Wie schön, dass du dich darauf besinnen kannst«, sagten meine Großeltern, wenn ich von frühen Kindheitserlebnissen berichtete. Wie viel aussagekräftiger ist dieses Verb, das tatsächlich alle Sinne mobilisiert! Der Duft frisch gekochter Himbeermarmelade, der durchdringende Ton der Sirenen, das unvergleichliche Gefühl, ein frisch geschlüpftes Küken berühren zu dürfen, und der Geschmack eines Stücks Zuckerrübe direkt vom Blech werden so aus langem Schlummer erweckt. Dagegen wirkt »erinnern« blass, fast steril.

Margrit von Sarnowski, Markdorf


Schlaflover: Mein Wort-Schatz

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In unserer Familie ziehen wir uns für die Nacht den Schlafover an. Abgeleitet vom Pullover (das »over« auch so ausgesprochen), beschreibt dieses Wort das in der Regel kuschelige und zum nächtlichen Wohlfühlen geeignete Kleidungsstück um einiges besser, als es der »Schlafanzug« könnte.

Falk Hübner, Potsdam

Geraffel, Maugedse: Mein Wort-Schatz

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Geraffel – das ist ein häufig am einzigen Platz neben dem Herd in der Küche anzutreffender Stapel von Koch- und Backrezepten, Stammkundengutscheinen, Gala-Einladungen, Rabattankündigungen, Altkleidersammlungen, Hotelwerbungen, Ansichtskarten, Kassenbons und, und, und… Eine vergleichbare Bedeutung hatte für meine Mutter die Maugedse, jener Haufen zu reparierender Kleidungs- und Wäschestücke neben dem Nähmaschinentisch. Wenn der Stapel eine imaginäre Stopplinie an der Wand erreichte, wusste sie, dass sie das Stopfen, Flicken und Knöpfeannähen jetzt nicht weiter hinauszögern durfte. Vorbei!

Gerhard Evers, Göppingen

Hackeback und Klebe: Mein Wort-Schatz

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Eigentlich war unser Vater nicht besonders praktisch veranlagt. Aber tatkräftig packte er an, wenn etwas repariert werden musste. Unsere Mutter aber kommentierte das oft so: »Na ja, Hackeback und Klebe.« Ich weiß zwar nicht, ob man das ethymologisch irgendwo herleiten kann. Aber die Verbindung von »hacken« und »backen« und »kleben« an einem einzigen Gegenstand charakterisiert den Vorgang ausreichend. Kürzlich konnte ich mich nicht enthalten, ein Werk meines Mannes genauso zu kommentieren.

Helga Tietz, Bindlach

Schlauch- und Höhlenwurst: Mein Wort-Schatz

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»Das wird ja eine Schlauch- und Höhlenwurst!«, spottete unser Vater, wenn wir Kinder die Leberwurst mit dem Messer aus der Wursthaut herausbohrten, statt ordentliche Scheiben abzuschneiden. Noch heute fällt mir dieser Ausdruck jedes Mal ein, wenn wir eine Streichwurst anbohren.

Heide M. Bössler, Darmstadt

Vietz und Schnirpel: Mein Wort-Schatz

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Ich war ganz gerührt, im Beitrag von Martina Fleischmann in der ZEIT Nr. 50/14 das »silberne Nichtschen« und das »goldene Warteweilchen« meiner Kindheit wiederzufinden. Ich hatte diese Wörter nie wieder gehört. Doch ich habe sie an meine Kinder weitergegeben, und wir hatten sogar zwei kleine silbern und golden glänzende, gläserne Trompeten, die am Weihnachtsbaum hingen. Sie bewiesen die rätselhafte Aussage, dass es zu Weihnachten »ein silbernes Nichtschen und ein goldenes Warteweilchen« geben würde.

Gern denke ich auch an den VIETZ und den SCHNIRPFEL. Ersterer der Anschnitt oder das letzte Stück vom Brot, Letzterer ein Wurstzipfel mit dem Faden, der die Wursthülle verschloss. Alle diese Wörter kamen von meinem Vater, der aus Rudolstadt in Thüringen stammte.

Oskar Möller, Stutensee

Gedöns: Mein Wort-Schatz

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Meine Weihnachtsplätzchen habe ich die letzten Jahre recht aufwendig gebacken mit Füllungen, Verzierungen und so weiter. Dieses Jahr hatte ich nun keine große Lust und sagte meiner Tochter, dass ich nur einfachere Plätzchen gebacken hätte. Darauf meine Enkelin: »Aha, bei der Oma gibt es diesmal nur Plätzchen ohne Gedöns.« Das fand ich so passend; es ist jetzt mein Lieblingswort.

Sigrid Thiele, Mannheim

Wöltern: Mein Wort-Schatz

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Wie nennen eigentlich andere Familien das, was man mit dem Salat macht, wenn man ihn mit der Sauce – nun ja, vermengt? Bei uns zu Hause (Westfalen mit großmütterlich ostpreußischem Einfluss) heißt das Wöltern. Nur bei uns?

Ulrike Nolting, Friedrichsdorf


Nasser Winkel: Mein Wort-Schatz

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Im Mittelalter gab es zwischen den Häusern schmale Durchgänge – auch Winkel genannt. Durch den nassen Winkel wurden alle Abwässer des Hauses geleitet. Da es damals noch keine Kanalisation gab, baute man in diese nassen Winkel auch die Aborte. Gesäubert wurden sie von den »Abdeckern«. Die sogenannten Winkelschnüffler überwachten die Reinlichkeit und zeigten Verstöße dagegen an.

Werner Müller, Berlin

Kittelwascher: Mein Wort-Schatz

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Neulich wurde ich von einem richtigen Kittelwascher überrascht – und hatte einen Beitrag für die ZEIT! »Kittelwascher« sagt man in Nürnberg (oder eigentlich eher »Giddelwascher«), wenn man in einen Regenschauer gerät, der ganz plötzlich kommt, einen bis auf die Haut durchnässt und dann wieder aufhört. Meiner dauerte keine fünf Minuten, doch ich zog bis in den zweiten Stock eine Wasserspur hinter mir her.

Melanie Julia Maußner, Nürnberg

Dölstern: Mein Wort-Schatz

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Wenn mein Vater seine Füße vor kalter Nässe, Schneematsch und Ähnlichem schützen musste, dann griff er zu seinen Dölstern. Ich weiß nicht, ob der Begriff irgendeinem Dialekt entstammt oder innerhalb der Familie erfunden wurde. In jedem Falle finde ich ihn als Umschreibung für derbes, grobes Schuhwerk äußerst lautmalerisch und verwende ihn im Geiste gelegentlich auch heute noch.

Wolfgang Giese, München

Schlendrian: Mein Wort-Schatz

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Wie oft hörte ich als Kind jemanden monieren, »da ist der Schlendrian drin«, und versuchte mir diesen Schlendrian als jemanden vorzustellen, der mit Händen in den Taschen und womöglich laut pfeifend den Bürgersteig runterbummelt. Noch heute, wenn etwas zu langsam geht, obwohl der Chef vielleicht nicht auf Gemütlichkeit steht, denke ich an diese streikende Proletenfigur, den Schlendrian, wie er in sich und den Moment verliebt die Straße entlangschlendert.

Mit freundlichen Grüßen und dem Rat zu gemütlicher Entschleunigung
Ihr frisch gefeuerter

Jochen Heine, Bad Münder, Niedersachsen

Renommist: Mein Wort-Schatz

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Der Ausdruck »Prahlhans« im Wortschatz (Nr. 40/14) hat mich an ein Gedicht von Erich Kästner erinnert, von dem ich nur noch ein paar Verse im Kopf habe, obwohl wir sie als Schüler sicherlich allesamt auswendig lernen mussten. Mich hat aber vor allem das Wort Renommist fasziniert, das in dem Gedicht (»Die Sache mit den Klößen«) auch gleich erklärt wird.

»Der Peter war ein Renommist.
Ihr wißt vielleicht nicht, was das ist.
Ein Renommist, das ist ein Mann,
der viel verspricht und wenig kann.«

David Wilhelm Hillingshäuser, Tostedt, Niedersachsen

Grienefiez: Mein Wort-Schatz

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In meiner Heimatstadt Burg (bei Magdeburg) sagte man zum Lächeln »grienen« statt grinsen. Eine gute Freundin von mir, Person des öffentlichen Lebens, übertreibt es meiner Meinung nach ein wenig damit, uns bei jeder Gelegenheit aus dem Blättchen entgegenzulächeln. Dazu kam mir urplötzlich ein Ausdruck aus früher Kindheit in den Sinn: Grienefiez!
Uff jut Burgsch höre ich noch: »Na, du Jrienefiez, was jriensten?«

Ruth Reimann-Möller, Glückstadt, Schleswig-Holstein

Piesepampel, Hahnepampel: Mein Wort-Schatz

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Gerne erinnere ich mich an Piese- oder Hahnepampel, so bezeichnete meine Mutter einen Dämlack, also einen dummen Menschen. Auch wir Kinder wurden so genannt, wenn wir begriffsstutzig waren.

Grethlis Talvik, Kiel


Einlaufkasten: Mein Wort-Schatz

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Auf dem Weg zur Arbeit komme ich beim örtlichen Bezirksgericht vorbei. Dort hängt ein Einlaufkasten, in den man die eingehende (»einlaufende«) Post einwerfen kann. Ich als im Medizinbereich Tätige denke aber natürlich sofort an etwas ganz anderes…

Ester Steininger, Amstetten, Österreich

Arznei: Mein Wort-Schatz

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Wir hörten ein Kinderlied im Auto, in dem das Wort Arznei vorkam. Wie schade, dass kaum jemand mehr dieses Wort benutzt. Noch geheimnisvoller und heilender klingt die alte Form Arzenei. Da kann »Medikament« nicht mit- halten, denn Arzenei klingt fast wie Zaubertrank.

Julia Potthoff, Aschheim, Bayern

Schlummertrunk: Mein Wort-Schatz

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Wir befanden uns auf der Rückfahrt aus dem Urlaub, auf der Fähre Helsinki–Travemünde. Nach dem Abendessen auf dem Schiff ging ich an die Bar und bestellte mir noch einen Schlummertrunk. Die deutsch sprechende Bedienung sah mich entgeistert an: »Heißt das so?« Ich wurde leicht unsicher: »schlummern«? Eben noch hatte ich mir nichts bei dem Wort gedacht, nun ließ es komische Fantasiebilder im Kopf entstehen: Schlangen gründelten am Tümpelgrund und »schlummerten« sich durch den Matsch, böse Menschen »schlummerten« mir mein Geld weg… »Ja, das sagt man so!«, hörte ich einen korpulenten Mann am Tresen sagen, wie sie wohl an allen Tresen der Welt sitzen und auch immer zu allem etwas zu sagen haben. Ich trank beruhigt mein Bierchen aus und schlummerte danach auch gleich in der Kabine ein!

Gerd Buckan, Köln

Zu Bett: Mein Wort-Schatz

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Auf meine 92-jährige Brieffreundin Anneliese und ihre frühzeitigen Weihnachtsgrüße war stets Verlass gewesen. 2014 wartete ich vergebens. Ich machte mir Gedanken. Nach Weihnachten dann Post in bekannt sorgsamer Handschrift: »Entschuldige die Verspätung. Ich war krank und lag zu Bett. Bald werde ich wieder lange Briefe schreiben.« Dass sie »zu Bett« lag und nicht »im Bett«, vermittelte mir die Würde, mit der Anneliese ihre Krankheit durchgestanden hat. Ich freue mich auf die Briefe 2015, mit denen sie mich an ihrem Seniorenheim-Alltag teilhaben lässt.

Siegfried Schröder, Herscheid, Westfalen

Bettfertig: Mein Wort-Schatz

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Wenn wir früher abends noch bei Freunden oder den weit entfernt lebenden Großeltern waren, haben wir die Kinder kurz vor der Rückfahrt immer bettfertig gemacht und in den Schlafanzügen ins Auto gesetzt. So konnten wir sie, zu Hause angekommen, schlafend ins Bett tragen. Heute mache ich mich selber bettfertig, lege mich mit meinem Laptop ins Bett und schau mir einen Film in der Mediathek an. Und bin ich zu müde, lege ich den Laptop zur Seite und bin froh, nicht mehr aufstehen zu müssen!

Barbara Klopfer, Illmensee, Baden-Württemberg

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